Homöopathie am Pranger
Die derzeitige Stimmung gegenüber der Homöopathie ist nicht besonders wertschätzend, Kritik donnert von allen Seiten auf uns ein.
Große Tageszeitungen und Magazine überschlagen sich in letzter Zeit mit negativer Berichterstattung.
Ungeachtet der zunehmenden Tendenz, daß immer mehr Menschen laut Umfragen gerne bei Beschwerden zu Globuli greifen, breitet sich allmählich eine etwas hämische Grundstimmung gegenüber der Homöopathie aus.
Selbst naturheilkundliche Kollegen, die andere Therapieformen betreiben, beschweren sich oft lauthals und öffentlichkeitswirksam – Die Homöopathie steht am Pranger.
Aber mal ganz ehrlich – das haben wir selbst zu verantworten!
Eigenverantwortung der Homöopathen
Ich glaube nicht, daß fehlenden wissenschaftlichen Studien oder die nicht messbare Konzentration von Wirkstoffen in Globulis das Problem sind – das Problem sind wir Homöopathen selbst, wir mit unserer inneren Einstellung!
Kürzlich fand in einem Homöopathieforum eine Diskussion über die unterschiedlichen Strömungen der Homöopathie statt. Hierbei kam auch die Frage auf:
„Wie tolerant sind wir, wie arrogant die anderen?“
Dieses Thema beschäftigt mich nun immer wieder:
Wer sind wir eigentlich, warum erlauben wir uns, die Homöopathie als Therapiemethode so in den Himmel zu erheben, postulieren dass alle anderen Therapeuten „nur“ Symptome bekämpfen?
Es kursiert die tiefe innere Überzeugung, dass der Schutzheilige der Therapeuten all seine Gaben praktisch ausschliesslich über den Homöopathen ausgekippt hat.
Die Bezeichnung „Königsdisziplin“ läuft mir da nicht zum ersten Mal über den Weg.
Eigentlich sollte dies alles ironisch klingen, die traurige Wahrheit aber ist, dass es häufig echte Realität abbildet.
Auch ich bin zutiefst überzeugt, das Homöopathie ein hochwirksames Werkzeug ist, Krankheiten heilbar zu machen, und darüber hinaus ein gutes Stück echte Lebenshilfe bietet, die es uns ermöglicht offeneren Auges weiterzugehen.
Aber warum soll der Homöopath/-in deswegen besser sein als alle anderen? So viele Wege führen nach Rom, und es gibt aus allen Richtungen wundervolle Heilsgeschichten.
Zentral ist doch, dass man sich als Kranker egal welchen Leidens, in eine Therapie begibt, die einem vertrauenswürdig erscheint, wo man sich erkannt und aufgehoben fühlt.
Ein Mensch, der mich so nimmt wie ich bin, der sich kompetent, unbeeinflusst und liebevoll auf die Suche nach der Ursache meines Leidens macht, wird IMMER irgendwelche Antworten finden.
Und je besser er fragt, desto tiefer wird er mich in mein Innerstes führen, damit ich meine Antworten selber finden kann, denn nur die werden mir langfristig weiterhelfen.
Als ganzheitliche Therapeuten sollten wir bestrebt sein, die Seele des Menschen kennenzulernen, wenigstens zu einem kleinen Teil, denn nur sie kann uns helfen, die richtigen Antworten zu finden, und eine Umstimmung des krankmachenden Milieus einzuleiten.
Homöopathie ist EIN Mittel dazu, diese energetische Medizin ist in der Lage verborgene Lebenskräfte und Energiefelder wieder in Schwung zu bringen.
Unvergessen bleibt mir ein Satz eines Aushilfslehrers (dessen Namen ich leider vergessen habe, denn er war nur einmal bei uns):
„Wenn ihr es nicht schafft, den Patienten mindestens ein kleines Stück weit lieb zu haben, dann werdet ihr nicht viel erreichen.“
Unzählige Male hat sich das in meiner Praxis bewahrheitet, und seit ich das erkannt habe, mache ich mich immer als erstes auf die Suche nach einem Anteil des Klienten, den ich sehr lieb haben kann.
Ein anderer kluger Leitspruch bewährt sich ebenso:
„Wenn der Patient bei dir einmal gelacht und einmal geweint hat, dann war es eine gute Sitzung“
Denn dann haben wir einen Teil seiner Seele erreicht.
Warum dann aber der Hochmut so mancher Homöopathen?
Wer sind wir denn, nur weil wir besonders gut darin sind Symptome zu katalogisieren und in Rubriken zu fassen, weil wir genau wissen wo wir nachschauen müssen, weil wir eine genaue Ablageform kennen, wie und wo ein Symptom schon mal beschrieben wurde und welche Arznei hier helfen kann?
Weil wir gelernt haben die Summe von vielleicht 100 Arzneien Schritt für Schritt durch geschicktes Befragen zu reduzieren, bis wir genau auf das Simile stossen?
Weil wir durch langes Studium die Arzneien kennengelernt haben (aber welcher Therapeut hat das nicht?)
Warum sollte es nicht professionell sein, weitere Behandlungsformen mit einzuschliessen, die den Klienten auf einer anderen Ebene erreichen. Ist die Homöopathie wirklich so elitär, dass daneben nichts anderes mehr Platz hat, sich sogar stört?
Wir folgen einem Wissen das einige geniale Köpfe meist lang vor unserer Zeit erforscht und aufgeschrieben haben, worin besteht also unser Anteil an der Genialität dieser Methode?
Die Fanatiker unter uns liefern sich Grabenkämpfe um die beste Methodik und Miasmenleere (äh – lehre), dabei dient sie in der Praxis letztendlich doch nur dazu, mein inneres Ablagesystem zu perfektionieren und das passende Mittel schneller zu finden.
Was haben wir denn schon verstanden?
Haben wir durch das Sammeln einzelner Symptome wirklich den Mensch in seiner Gesamtheit erfasst, Ganzheitliche Medizin gemacht?
Die Arzneien werden bei uns u.a. in „Arzneimittelbildern“ gelehrt, hier wird versucht einen Menschen zu beschreiben, dem diese Arznei sehr ähnlich ist – ein Prototyp praktisch.
Aber mal ehrlich, wer möchte denn schon gerne Lycopodier, Barium-carboniker, Sepia oder Lachesis sein?
Verantwortlich für diese moralische Wertung der einzelnen Mittel sind wir, die wir uns nie die Mühe gemacht haben auf die tiefen Hintergründe und das „Warum“ eines Mittels einzulassen, alles stockt in der Ablehnung unangenehmer Wesensanteile, vielleicht auch Teil unseres eigenen Schattens.
Da viele dieser Beschreibungen auch für Laien gut zugänglich sind, hege ich den Verdacht, das einige Kollegen ihren Klienten den Namen der Arznei deswegen nicht verraten, da sie befürchten der Mensch könnte erkennen, was der Therapeut wirklich von ihm hält, wenn er solch eine Beschreibung im Internet zu lesen bekommt.
Hier danke ich zum wiederholten Male meinem grossartigen Lehrer Alfons Pollak, der in jedem Mittelbild die Liebe entdeckt und vermittelt hat, und mich verstehen gelernt hat, warum ein Mensch so tickt wie er tickt.
„Wer heilt hat recht“ das sagt jeder, aber gerade wir Homöopathen sind sehr anfällig dafür, angeblich am besten zu wissen was Heilung eigentlich ist.
Vielen Dank, dass du bis hierher gelesen hast!
Ich freue mich immer riesig über Kommentare und beantworte sehr gerne deine Fragen.
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Sehr treffend beschrieben – leider oftmals die Realität. Patch Adams sagt in dem gleichnamigen Film: „Wenn wir Krankheiten behandeln, können wir gewinnen oder verlieren. Wenn wir aber einen Menschen behandeln, gewinnen wir immer“.
Es gibt sehr viele Ärzte,die ihre Patienten lieben und wohl auch homöopathische Kollegen, die lieblos Symptome notieren.
Danke für Deinen herzerwärmenden Artikel !!!
Vielen lieben Dank für die wunderbare Rückmeldung lieber Alfons.
In diesem Sinne: „Oh Captain – mein Captain!“ Danke für alles Wissen und Fühlen was ich von dir bekommen habe!
Zitat: „Wenn ihr es nicht schafft, den Patienten mindestens ein kleines Stück weit lieb zu haben, dann werdet ihr nicht viel erreichen.“
„Unzählige Male hat sich das in meiner Praxis bewahrheitet, und seit ich das erkannt habe, mache ich mich immer als erstes auf die Suche nach einem Anteil des Klienten, den ich sehr lieb haben kann.“
Liebe Barbara,
ich danke dir für die Ausbreitung deiner Gedanken hierzu. Wir haben darüber ja auch schon diskutiert. Obige Zitate sind ganz wundervoll und genau das ist der KERN jeglicher Heilmethode! Gerade in der Homöopathie scheint das aber manchmal (ich betone: ich werfe niemals alle in einen Topf) zu fehlen – jedenfalls habe ich das oft so erlebt. Da wird dem Schema der Befragung der größte Vorzug gegeben, aber dem Menschen, der da gegenüber sitzt, nicht in die Augen (in die Seele) gesehen.
Der Moment, wo man den Menschen/Patienten wirklich mindestens ansatzweise in seiner Seele und seinem Geist erkennt, ist der Moment, in dem ein Gefühl von Liebe für ihn aufsteigt.
Die Diskussion unter Homöopathen zum Thema „wer macht ‚echte‘ Homöopathie“ (um es mal kurz und bündig zu sagen) verstehe ich nicht und es macht mich manchmal echt traurig.
Vielleicht ist es ja deshalb auch kein Wunder, dass gerade die Homöopathie ständig angegriffen wird und am allermeisten „unter Beschuss“ steht?